Eines der größten Mysterien der Arbeitswelt ist vielleicht das Arbeitszeugnis. Über kaum etwas streitet Arbeitgeber und Arbeitnehmer so oft wie über das Blatt Papier, das eigentlich doch nur Anhaltspunkt dafür sein soll, was jemand gearbeitet hat und wie er sich dabei angestellt hat. Und trotzdem – oder vielleicht auch deswegen – landen viele solcher Fälle vor Gericht. Ein Arbeitnehmer, der aus einem Unternehmen ausscheidet, hat das Recht auf ein mindestens neutral gehaltenes Zeugnis. Das bedeutet, dass ein Arbeitgeber eigentlich nichts schlechtes über seinen ehemaligen Angestellten schreiben darf – selbst wenn es die Wahrheit wäre. Dies geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs hervor, in dem festgelegt wurde, dass der Arbeitgeber dem ehemaligen Arbeitnehmer gegenüber „Wohlwollen" zeigen muss, um den in seinem beruflichen Fortkommen nicht zu behindern. Gleichzeitig ist der Arbeitgeber aber auch zur Wahrheit verpflichtet. Genau diese beiden Punkte schließen sich aber manchmal gegenseitig aus. Das hat dazu geführt, dass sich über Jahrzehnte eine derartige Verklausulierung ergeben hat, dass selbst Personaler nicht mehr verstehen, was ihre Kollegen gemeint haben könnten. Arbeitszeugnisse sind selten inhaltlich, sondern eher zwischen den Zeilen zu lesen.

Persönlichkeit und Arbeitsweise

Für den Arbeitgeber sind aber trotzdem Arbeitszeugnisse wichtige Dokumente, die Auskunft über Persönlichkeit und Arbeitsweise des Bewerbers geben. Man sollte deshalb darauf achten, dass das Zeugnis inhaltlichen und formalen Kriterien genügt. Im Folgenden daher einige Informationen was in ein qualifiziertes Zeugnis gehört. Form: Ziel ist es, eine Aussage über persönliche und fachliche Fähigkeiten des Arbeitnehmers zu treffen. Hier die wichtigsten Eckpunkte einer jeden Beurteilung:
  • Überschrift
  • Einleitung: Angaben zu Person, Beruf und Beschäftigungsdauer
  • Tätigkeitsbeschreibung
  • Leistungsbeurteilung (Arbeitsbereitschaft, Arbeitsweise...)
  • Verhaltensbeurteilung (persönlich, sozial...)
  • Abschluss (Gründe für Beendigung des Arbeitsverhältnisses)
  • Dankes-Bedauern-Formel (Empfehlung, Verständnis...)
  • Zukunftswünsche
  • Ausstellungsort, -datum und Unterschrift (Je höher die Position des Unterschreibenden, desto glaubwürdiger wird das Zeugnis belegt)
    • Inhaltlich: Hier kommt die „geheime" Zeugnissprache zum tragen, die so geheim gar nicht mehr ist. Das wiederum führt dazu, dass Personaler immer kreativer werden, um vor dem ehemaligen Arbeitnehmer geheim zu halten, was sie eigentlich sagen wollen. Hier nur die gängigen Formulierungen: Sehr gut/gut: "Stets zu unserer vollsten Zufriedenheit", "stets zu unserer vollen Zufriedenheit" "Waren wir mit seinen/ihren Leistungen in jeder Hinsicht außerordentlich zufrieden", „haben seine/ihre Leistungen stets unsere volle Anerkennung gefunden" "Haben seine/ihre Leistungen in jeder Hinsicht unsere volle/vollste Anerkennung gefunden", waren wir mit seinen/ihren Leistungen voll und ganz zufrieden" Mangelhaft/Unzureichend: "Hat die ihm/ihr übertragenden Leistungen  im Großen und Ganzen zu unserer Zufriedenheit erfüllt"; "hat sich bemüht, die ihm/ihr übertragenen Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen" "Haben seine/ihre Leistungen weitestgehend unseren Erwartungen entsprochen"; „hat sich bemüht, unseren Erwartungen/Anforderungen zu entsprechen" Aber das sind wirklich nur die offensichtlichsten Interpretationen. Verwendet ein Arbeitgeber zum Beispiel verstärkt die Passivform, so kann das auf mangelnde Eigeninitiative hinweisen. Die knappe Abhandlung inhaltlicher Punkte dagegen kann von Geringschätzung zeugen. Zudem gibt es Standardformulierungen, die es faustdick hinter den Ohren haben. So ist der Hinweis auf das Bemühen eines Mitarbeiters ohne den Hinweis auf den Erfolg der Bemühungen als sehr schlecht einzustufen. Es gibt viele versteckte Fallen, die es zu erkennen gilt. Wer mit seinem Zeugnis unzufrieden ist, sollte das Gespräch mit dem Vorgesetzten suchen. Zumal nicht jeder Chef die Geheimsprache spricht und möglicherweise Aussagen trifft, die gar nicht so beabsichtigt waren. Wer den Arbeitgeber darauf hinweist, kann positiven Einfluss auf sein Zeugnis nehmen. Niemand sollte eine ganz offensichtlich schlechte Beurteilung einfach hinnehmen, schließlich der Erfolg der nächsten Bewerbung maßgeblich davon ab.